Ingolstadt
Henke zu FCI-Transfers: "Richtig Qualität statt Mittelmaß"

Ingolstadts Sportchef Michael Henke will sich auf Transfermarkt zurückhalten und Kader nur punktuell verstärken

13.07.2020 | Stand 23.09.2023, 12:54 Uhr
Dank an die Fans: Nach dem Relegations-Drama verabschiedete sich Sportchef Michael Henke von den Ingolstädter Anhängern am Audi-Sportpark. −Foto: Bösl

Ingolstadt - Nach einem Zwischenstopp bei seinem langjährigen Weggefährten Ottmar Hitzfeld ging es für Michael Henke am Montag weiter in die Schweiz. "Ich musste einfach mal raus, weil der Stress die letzten Wochen sehr groß war", sagte der Sportchef des FC Ingolstadt über seine Motorrad-Tour Richtung Südfrankreich. Vor seiner Weiterfahrt sprachen wir mit dem 63-Jährigen über die Aufarbeitung des Relegations-Dramas gegen den 1. FC Nürnberg und die Kaderplanung für die neue Drittliga-Saison.

Wie tief sitzt der Stachel auch noch zwei Tage nach dem Relegations-Drama?

Sehr tief! Vor allem die Entscheidungen von Schiedsrichter Christian Dingert sorgen bei Henke weiter für großen Unmut. "Ich fand fünf Minuten Nachspielzeit lang. Und warum ich dann nicht pünktlich abpfeife, das erschließt sich mir nicht", sagt der Sportchef: "Zudem war die Situation vor dem Tor (ein vermeintliches Foulspiel an Nico Antonitsch, d. Red.) ganz klar überprüfungswürdig. Das zu ignorieren, verstehe ich auch nicht." Bereits unmittelbar nach Abpfiff meinte der 63-Jährige gegenüber unserer Zeitung: "Ich schreibe das nicht höheren Mächten zu und ich werde den Schiedsrichtern niemals Parteilichkeit vorwerfen. Aber ob sich die Schiedsrichter einmal überlegen, was da auf dem Spiel steht, das frage ich mich schon." Zudem machte Henke noch einmal auf den Wettbewerbsnachteil aufmerksam. Der FCI bestritt mit dem Rückspiel sein 13. Spiel innerhalb von 43 Tagen, für den FCN war es die 11. Partie in 56 Tagen war. "Wir wären auch im ersten Spiel mindestens gleichwertig gewesen, wenn wir bisschen bessere Bedingungen gehabt hätten."

Droht Stefan Kutschke nach seinem Ausraster eine vereinsinterne Strafe?

Henke ist darum bemüht, die Entgleisungen des Ingolstädter Kapitäns nach dem Relegations-Rückspiel klein zu halten. "Ich habe das nicht mitbekommen und hatte auch keine Chance das mit ihm zu besprechen, weil er bei der Dopingkontrolle war", sagt der Sportchef über den 31-Jährigen, der Nürnbergs Trainer Michael Wiesinger Schläge angedroht hatte. "Wenn etwas passiert ist und es bewiesen ist, dann werde ich mich darum kümmern. Aber in der Situation sind wir im Moment nicht", ergänzt Henke.

Klubboss Peter Jackwerth rief bereits den erneuten Angriff in der neuen Saison aus. Wie realistisch ist der Aufstieg?

"Es gibt keinen Automatismus, dass man eine Position höher rutscht, wenn man in der Vorsaison die Relegation erreicht hat", bremst Henke die Erwartungen. Gleichwohl weiß der Sportchef: "Je länger du in der 3. Liga spielst, desto schwieriger wird es für den Verein, die Voraussetzungen (für den Aufstieg, d. Red.) zu schaffen. Deshalb sollten wir alles dafür tun, oben mitzuspielen. Es gilt nächstes Jahr stabiler zu sein und die Schwächephasen, die wir uns gegönnt haben, wegzulassen." Henke ist zuversichtlich, dass der FCI das bittere Saisonende in die richtigen Bahnen lenkt: "Der Verein hat deutlich gezeigt, welche Kraft hier drinsteckt. Wir hätten es fast geschafft. Das zeigt schon, dass wir niemals aufgeben und deswegen werden wir auch diesen Tiefschlag überstehen."

Hat die Planung für die Saison 2020/21 schon begonnen?

Bevor Henke am Sonntag aufs Motorrad Richtung Südfrankreich stieg, läutete er mit Trainer Tomas Oral, dem Technischen Direktor Florian Zehe und Scoutingchef Sebastian Knosp die Planung für die kommende Spielzeit ein. "Fakt ist, dass unser Gerüst steht, wir nicht viel machen müssen und höchstwahrscheinlich auch nicht viel machen werden. Wir sind gerade noch in der Analyse und checken, was der Markt hergibt und was wir uns erlauben können", berichtet Henke und ergänzt: "Es ist eine ganz andere Situation als vor einem Jahr." Nach dem Absturz in die Drittklassigkeit waren dem 63-Jährigen zusammen mit Zehe nur wenige Wochen geblieben, um den neuen Kader zusammenzustellen.

Wie lautet das Anforderungsprofil für mögliche Neuzugänge?

Ob "zwei, drei oder vier Neuzugänge", darauf will sich Henke (noch) nicht festlegen. Dennoch lässt er mit einer klaren Botschaft aufhorchen: "Ich hole lieber einen oder zwei Spieler weniger und die anderen haben dann richtig Qualität, statt Mittelmaß zu holen. Ergänzungsspieler brauchen wir nicht, weil wir so viele junge Spieler und hochkarätige Talente haben." Am bisherigen Konzept - einer Mischung aus Routiniers und "Jungen Wilden" - solle sich nichts ändern. "Die Jungen werden von den Erfahrungen in dieser Saison profitieren. Wir brauchen die richtige Balance und dann wird man sehen, wer dem Ganzen standhält."

Wie stehen die Chancen auf eine Verlängerung mit Maximilian Thalhammer?

Der Spielgestalter hat als einziger Ingolstädter keinen Vertrag für die neue Saison. Henke zeigte sich aber vorsichtig optimistisch, eine Einigung zu erzielen. "Man hat an seinen Emotionen gemerkt, wie sehr er an diesem Verein hängt und wie wohl er sich hier fühlt", sagt der Sportchef über den gebürtigen Freisinger. "Ich habe letzten Sommer auch schon um ihn gekämpft und ihm versprochen: ,Dieses Jahr in Ingolstadt wird für deine Entwicklung nicht schlechter sein, als wenn du in Regensburg spielst.' Das kann man jetzt zwar nicht überprüfen. Ich sehe aber einen Maxi Thalhammer, der sich sehr gut entwickelt hat. Er hat Verantwortung übernommen und war mehr und mehr eine zentrale Persönlichkeit in unserem Spiel", umgarnt Henke den 23-Jährigen.

Was ist dran an den Wechselgerüchten um Dennis Eckert-Ayensa, Björn Paulsen und Marco Knaller?

"Wenn sich für einzelne Spieler eine Bombenalternative auftut, dann muss man immer sprechen. Aber das haben wir momentan nicht", stellt Henke fest und ergänzt: "Zwei, drei Spieler haben eine Ausstiegsklausel, da müssen wir noch abwarten." Nach Informationen unserer Zeitung handelt es sich dabei unter anderem um Topscorer Dennis Eckert-Ayensa, der das Interesse von Bundesliga-Aufsteiger Arminia Bielefeld geweckt haben soll, und Defensivallrounder Björn Paulsen, an dem der griechische Erstligist AEK Athen dran ist. Henke ist "grundsätzlich zuversichtlich", dass beide bleiben. Aber: "Wenn ein Verein aus der Zweiten Liga oder sogar Bundesliga kommt, wird es natürlich schwierig." Ein Abschied von Marco Knaller, der laut österreichischer Medien mit Wacker Innsbruck in Verbindung gebracht wird, ist laut Ingolstadts Sportchef "kein Thema". Zudem deutet Henke an, dass die Leihspieler Lucas Galvão (Al Wasl SC) und Thorsten Röcher (Sturm Graz) bei einer entsprechenden Ablösesumme den Verein verlassen können.

Julian Schultz, Gottfried Sterner